Marmorkrebs bedroht madagassische Flusskrebsarten

Chris Lukhaup schrieb in der Mailingliste der AGW:

Procambarus alleni

Das Foto zeigt keinen Marmorkrebs, sondern Procambarus alleni

Der Marmorkrebs war im Jahr 2003 Grund für eine kleine wissenschaftliche Sensation die durch die Fach – aber auch Boulevardpresse rund um die Welt ging. Erstmals wurde anhand dieser Art Parthenogenese (Jungfernzeugung) bei einem Dekapoden (Zehnfusskrebs) nachgewiesen. Dadurch können sich auch allein gehaltene Tiere ohne jeden Kontakt zu einem anderen Marmorkrebs vermehren! Bisher wurden überhaupt keine Männchen gefunden, bei über 1000 untersuchte Tiere waren alles Weibchen. Daher ist auch Hermaphrodismus (Zwittrigkeit) wie sie sonst bei einigen Flusskrebsen vorkommt, auszuschließen.

Diese Krebsart gehört zu den nordamerikanischen Cambariden. Sein natürliches Vorkommensgebiet konnte bisher noch nicht gefunden werden! Wir vermuten dass er aus den Südstaaten der USA stammt. Es kann als gesichert angesehen werden, dass er der Gattung Procambarus angehört.

Bisher war noch keine Artbestimmung möglich, weil man dafür bei Procambarus-Arten, wie auch bei anderen nordamerikanischen Cambaridae, unbedingt geschlechtsreife Männchen für die Bestimmung der Art benötigt!

Der Mamorkrebs ist eine sehr anpassungsfähige Art. Deshalb geht ein hohes Gefährdungspotential von ihm aus. Er überlebt auch die tiefen Wintertemperaturen in Europa und es gibt erste frei lebende Populationen in Deutschland, vorerst “nur” in Baggerseen.
Bei anderen Krebsen muss zumindest ein Pärchen ausgesetzt werden und die müssen sich auch zu einer Paarung finden – der Marmorkrebs schafft den Aufbau einer Population auch alleine. Da er potentieller Überträger der Krebspest ist stellt er eine ernste Bedrohung für unsere Gewässer dar. Diese Pilzerkrankung, die seuchenhaft auftritt und die europäischen Krebsarten sowie alle bisher untersuchten Arten der Welt (außer die nordamerikanischen Vertreter) befällt, verursacht die Ausfälle ganzer Flusskrebspopulationen.

Wie wir in den letzten Tagen feststellen mussten hat sich dieser Albtraum der Faunenverfälschung nun in eine Region verwirklicht, die wir nicht erwartet haben – Madagaskar.

Für Artenschützer sind das natürlich sehr schlechte Nachrichten. Madagaskar ist bekannt für seine einzigartige Flora und Fauna und insbesondere die madagassischen Flusskrebse sind durch Habitatverlust und menschlichen Nutzung sehr stark bedroht. Die Krebse gehören alle der Gattung Astacoides an und sind auf Madagaskar endemisch. Bisher sind uns 7 beschriebene Arten bekannt.

Wer auf die Idee gekommen ist, die Mamorkrebse in diese Weltgegend zu verschleppen, bleibt vorerst unbekannt. Dieses verantwortungslose Vorgehen bedroht alle Flusskrebse auf Madagaskar! Diese neue Gefahr könnte im schlimmsten Fall zur Ausrottung der Gattung Astacoides auf Madagaskar führen, was einen unwiederbringlichen Verlust für die Krebsfauna darstellen würde.
Wir rufen deshalb die Öffentlichkeit und die Behörden auf, alles zu tun um die Ausbreitung dieser Krebsart auf Madagaskar zu verhindern!

Chris Lukhaup & Reinhard Pekny; Mai 2007 – www.crusta10.de


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